8 8 Kautschuk ist ein Polymer, das im Alltag vielfältige Anwen- dungen findet. Sei es als Spielball, in Haushaltshandschuhen, Dichtungsringen oder Autoreifen. Dementsprechend hoch ist der weltweite Bedarf an Kautschuk. Laut Schätzungen wurde im Jahr 2012 27,6 Mio t [1] verbraucht, davon zwei Drittel al- lein für die Herstellung von Autoreifen. Naturkautschuk kann nur begrenzt durch synthetische Alternativen substitutiert werden, da er Eigenschaften besitzt, die durch chemisch her- gestellte Polymere nicht erzielt werden können. So ist das aus Isopreneinheiten bestehende Naturpolymer in über 40 000 Produkten, davon 400 medizinischen Produkten, enthalten [2]. Naturkautschuk aus Russischem Löwenzahn (Taraxacum koksaghyz) Kautschuk wurde bisher in etwa 2500 Pflanzen identifiziert. Nur eine wird jedoch kommerziell zur Produktion eingesetzt, Hevea brasiliensis, der Kautschukbaum [3]. Die Bestände des Baumes sind jedoch von der südamerikanischen Blattkrank- heit bedroht. Zudem sind im Milchsaft des Kautschukbaumes, dem Latex, neben Kautschuk auch Proteine präsent, die in manchen Menschen Allergien auslösen. Alternativ dazu hat sich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Russischen Löwenzahn (Taraxacum koksaghyz) eine Möglichkeit aufge- tan, Kautschuk auch in der nördlichen Hemisphäre aus einer natürlichen Ressource zu isolieren. Taraxacum koksaghyz ist eine robuste Pflanze, die auch auf marginalen Böden kultiviert werden kann. Der Kautschukgehalt im Latex des Russischen Löwenzahns beträgt im Mittel bis zu 30% [3], der Anteil an der Wurzeltrockenmasse liegt eigenen Untersuchungen zufol- ge bei etwa 4%. Gewinnung und Aufarbeitung des Naturkautschuks Zum einen kann Kautschuk direkt als kaugummiartige Subs- tanz aus getrockneten oder frischen Wurzeln des Löwenzahns gewonnen und von der Biomasse separiert werden. Hierzu werden sukzessive verfahrenstechnische Prozesse wie Dampf- behandlung, Mahlen, Flotieren und Sieben angewendet [4]. Das Fraunhofer IGB verfeinert derzeit die bereits seit 60 Jah- ren bekannten Methoden und sucht nach kostengünstigen Al- ternativen für die industrielle Umsetzung. Zum anderen kann Kautschuk durch Säureeinwirkung oder Verdampfung des Wassers zur Agglomeration und nach- folgender Koagulation gebracht und so aus dem flüssigen Milchsaft gewonnen werden. Etwa 90% des Latex werden in Kautschuk umgewandelt, die restlichen 10% werden zu kom- merziellen Latexprodukten wie Kondomen oder Handschu- hen verarbeitet [5]. Zur Prävention der vorzeitigen Koagulation der Kautschukmoleküle und zum Erhalt der Formbarkeit wird der Latex nach Extraktion unverzüglich mit stabilisierenden Agenzien und Antioxidantien versetzt. Das Fraunhofer IGB vergleicht verschiedene Verfahren der Extraktion sowie un- terschiedliche Zusätze, mit denen bereits die Agglomeration, die Vorstufe zur Koagulation, verhindert werden kann. Durch neue Kombinationen bewährter Agenzien können die Latex- lösungen nun mindestens 3 Monate stabilisiert werden. Zum jetzigen Zeitpunkt können Latices mit einem Kautschukgehalt von bis zu 15% hergestellt werden. Der nächste Schritt be- steht im Scale-up der durchgeführten Aufreinigungsschritte vom Labor- in den Technikumsmaßstab. CHEMIE GEWINNUNG VON KAUTSCHUK, LATEX UND INULIN AUS LÖWENZAHNWURZELN Dipl.-Chem. Thomas Hahn, Dipl.-Biol. (t. o.) Dipl.-Ing. (FH) Susanne Zibek 1 2