116 ROBUSTES AUTOMATISIERUNGSKONZEPT FÜR DIE PRODUKTION VON ALGENBIOMASSE IM FREILAND Dipl.-Ing. Ronja Münkel, Dr. rer. nat. Ulrike Schmid-Staiger Nachhaltige energetische Nutzung von Algen Die Produktion von Biokraftstoffen auf Basis von Nahrungs- bzw. Futtermittelpflanzen (z. B. Biodiesel aus Raps- oder Palmöl) konkurriert direkt mit der Nahrungs- und Futtermit- telproduktion. Bei der Herstellung von Biokraftstoffen der zweiten Generation mit Pflanzen, die nicht als Nahrungs- oder Futtermittel verwendet werden wie Jatropha, kommt es zu einer Konkurrenz um den Wasserverbrauch und die Anbau- flächen. Öl aus Mikroalgen ist eine potenzielle Alternative zu pflanzlichen Biokraftstoffen und wird zur »Dritten Generati- on« von Biokraftstoffen gezählt. Gegenüber dem Anbau von Landpflanzen ergeben sich bei der Kultivierung von Mikro- algen zahlreiche Vorteile. Hierzu zählen ein höherer Ertrag pro Fläche, ein verminderter Wasserbedarf und die Möglichkeit, Mikroalgen auf landwirtschaftlich nicht nutzbarer Fläche zu kultivieren. Von Algen produzierte Öle können als Biokraft- stoff genutzt, entstehende Abgase in den Prozess zurückge- führt und die verbleibende Restbiomasse zu Biogas vergo- ren werden. Um den Prozess in den technischen Maßstab zu übertragen, haben wir eine standardisierte Prozessautomati- sierung für die Kultivierung von Mikroalgen entwickelt. Anforderungen an den Produktionsprozess Für die kommerzielle Produktion von Mikroalgen und de- ren Verwendung als nachhaltiger Energieträger ist eine Kul- tivierung im Freiland unter der Nutzung von Sonnenenergie unabdingbar. Eine besondere Herausforderung an die Pro- zesssteuerung stellen hierbei die wechselhaften Witterungs- bedingungen und der gegebene Tag-Nacht-Rhythmus dar. Für diese Gegebenheiten muss ein möglichst robuster Prozess zur Biomasseproduktion mit hohem Automatisierungsgrad und einfacher Messtechnik etabliert werden. Daher sollte die Pro- zesssteuerung ausschließlich auf der Messung von pH-Wert und Reaktortemperatur basieren. Entscheidende Parameter Ausgangsbasis für alle Untersuchungen war der Biomassepro- duktionsprozess mit der Mikroalge Chlorella vulgaris (Abb. 1) in einem 30-L-Flachplatten-Airlift (FPA)-Reaktor. Zur Realisie- rung eines stabilen Produktionsprozesses ist es entscheidend, die Mikroalgenkultur kontinuierlich mit Kohlenstoffdioxid zu versorgen, benötigte Nährstoffe wie Ammonium zur Verfü- gung zu stellen sowie pH-Wert und Temperatur in einem op- timalen Bereich zu halten. Je höher der Anteil von CO2 in der Zuluft, desto mehr löst sich als Kohlensäure im Kulturmedium. Dies senkt den pH-Wert. Dem entgegen wirkt das im Medi- um gelöste Ammonium: Je höher die Ammoniumkonzentrati- on, desto höher der pH-Wert im Kulturmedium. Des Weiteren wird die Löslichkeit von CO2 im Medium von dessen Zusam- mensetzung und der Temperatur beeinflusst. Wenn in einem solchen System der pH-Wert über den Kohlenstoffdioxidanteil der Zuluft kontinuierlich geregelt wird, kann hieraus auf die Ammoniumkonzentration im Reaktor geschlossen werden. Dieser Zusammenhang wurde herangezogen, um den Nähr- stoffverbrauch im Reaktor zu ermitteln. Basierend auf diesen Berechnungen konnten wir erfolgreich Fütterungszyklen steu- ern sowie eine Nährstoff- und Kohlendioxidlimitierung aus- schließen. ENERGIE NH4 PO4 Fe Waage CO2 pH Medium Abluft ErnteLuft Kühlwasservorlauf Kühlwasserrücklauf TIR FIC QIR 1 2 3