22 PROFIL 1953 Die Wurzeln des IGB liegen im pfälzischen Marienthal, nahe Kirchheimbolanden. Hier gründet Prof. Dr. Karl Lothar Wolf auf private Initiative 1953 das Institut. 1962 übernimmt die Fraun- hofer-Gesellschaft das Institut, zunächst unter dem bisherigen Namen: Fraunhofer-Institut für Physik und Chemie der Grenz- flächen IGf. 1969 folgt der Umzug an den Hochschulstandort Stuttgart. Prof. Dr. Karl Hamann, Leiter des Stuttgarter »For- schungsinstituts für Pigmente und Lacke e. V.«, übernimmt die kommissarische Leitung. Schon damals stehen Grenzflächen im Vordergrund, die auch heute noch von Bedeutung für in- dustrielle Anwendungen sind. Und damals wie heute ist die Grundlage aller Entwicklungen die Messung grenzflächenener- getischer Größen – Oberflächenspannung, Benetzungsspan- nung, Adhäsionsarbeit. So besitzt der Jahresbericht 1972 fast heute noch Aktualität – mit der Untersuchung von Benetzungs- kinetiken beim Eindringen von Flüssigkeiten in Porenräume mit gravimetrischen Methoden oder der Vorbehandlung zu be- schichtender Flächen, um die Haftfestigkeit von Lacken oder Klebern zu verbessern. 1976 1975 wird Dr.-Ing. Horst Chmiel, der am Helmholtz-Institut in Aachen im Bereich der Medizintechnik forschte, zum Nachfolger des aus Altersgründen ausgeschiedenen Professor Hamann berufen. Von Haus aus Verfahrenstechniker tritt Pro- fessor Chmiel zum 1. Januar 1976 die Institutsleitung an. Sein Anliegen ist es, die Bioverfahrenstechnik in das Institut einzu- bringen und die bestehende Arbeitsrichtung »Grenzflächen« noch stärker anwendungsorientiert in die Verfahrenstechnik zu lenken. So wird die Forschung thematisch erweitert, und das Institut erhält seinen heutigen Namen: Institut für Grenz- flächen- und Bioverfahrenstechnik, kurz IGB. Das »alte« Ins- titut bleibt als Abteilung für Grenzflächenverfahrenstechnik, von Dr. Herbert Bauser geleitet, erhalten. Einen Schwerpunkt bilden fortan die »Grenzflächenprobleme der Medizin«, die Nahtstelle zwischen den »Grenzflächen« und der neuen Ar- beitsrichtung »Medizinische Verfahrenstechnik«. Schon bald ist eine dritte Arbeitsrichtung geplant, im Jahresbericht 1978 als »Sonderprobleme der Biotechnologie« angekündigt: Ge- meint ist die biologische Abluft- und Abwasserreinigung, ein Thema, das Dr. Walter Trösch, der 1976 ans IGB kommt, am Herzen liegt. Mit diesem Arbeitsgebiet halten die »mik- robiologischen Grenzflächen« oder die Wechselwirkungen von Mikroorganismen mit Grenzflächen Einzug. Der Einzug in das Gebäude am heutigen Standort des Fraunhofer-Insti- tutszentrums in Stuttgart-Vaihingen erfolgt 1981. Hier arbei- ten die fünf Abteilungen Technische Biochemie, Technische 60 JAHRE FRAUNHOFER IGB – 60 JAHRE FORSCHUNG AN GRENZFLÄCHEN In diesem Jahr wird das IGB 60. Seit seiner Gründung unter dem Namen »Institut für Physik und Chemie der Grenzflächen« trägt das Institut die Grenzflächen in seinem Namen. Eine Grenzfläche ist die Fläche, an der zwei miteinander nicht mischbare Phasen oder zwei verschiedene Stoffe sich gegeneinander abgrenzen. An dieser Grenze berühren sich die beiden Phasen, hier stehen sie quasi miteinander in Kontakt. An einer sol- chen Phasengrenze – der Grenzfläche – ändern sich die stofflichen Eigenschaften abrupt. Eine Grenzfläche ist so vor allem auch genau der Ort, der den Unterschied ausmacht oder, anders ausgedrückt, an dem das Neue geschieht. Seit nunmehr 60 Jahren stehen Grenzflächen im Mittelpunkt der Forschung am IGB.