CHEMIE 83 Dr. Christian Oehr Die chemische Industrie gehört zu den bedeutendsten und forschungsintensivsten Branchen in Deutschland. Viele Innovationen in anderen Branchen wie Automobil, Elektro- und Elektronik- industrie, Bauwirtschaft oder Verpackungstechnik wären ohne den Beitrag der Chemie nicht möglich. Die chemische Industrie ist gekennzeichnet durch rohstoff- und energieintensive Pro- zesse. Die Abhängigkeit vom Import der Rohstoffe, die Begrenztheit der fossilen Ressourcen weltweit – auch im Wettbewerb mit der energetischen Nutzung – und die Notwendigkeit, Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt zu berücksichtigen, rücken deshalb auch in unse- ren Arbeiten Ansätze in den Vordergrund, fossile Ressourcen besser zu nutzen oder zu substi- tuieren: Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen – Unsere Arbeiten zielen auf die Entwicklung von bio- technologischen Prozessen zur Herstellung von Chemikalien und Energieträgern aus nachwach- senden Rohstoffen und die Kopplung mit chemischen Prozessen. Prozessintensivierung zur effektiveren Nutzung von Rohstoffen und Energie – Hier stehen Ver- fahrensentwicklungen zum Upstream- und Downstream-Processing mit effektiver Separati- on von Stoffströmen mittels Membranen und weiteren Trenntechniken oder durch Kreislauf- führung von Stoffströmen (Recycling, nachhaltiges Abfallmanagement) in unserem Fokus. Entkopplung von Volumen- und Oberflächeneigenschaften von Materialien durch Grenzflä- chenverfahrenstechnik – Mit maßgeschneiderten Beschichtungen, die ihrerseits verfahrens- technisch auf Ressourceneffizienz getrimmt sind, ergeben sich neue Wahlmöglichkeiten für die Basismaterialien von Werkstücken und damit für neue Produkte auf Basis einer nachhaltigen Rohstoffauswahl. Bewertung und Ersatz kritischer Chemikalien – Chemikalien, sofern sie in größerem Maße am Markt vertreten sind, untersuchen wir systematisch nach Regularien der EU auf ihr Gefähr- dungspotenzial. In unseren vielfältigen Forschungsarbeiten stellen wir uns, auch in Kooperation mit anderen Instituten des Fraunhofer-Verbunds Werkstoffe, Bauteile – MATERIALS oder der Fraunhofer- Allianzen Nanotechnologie, Photokatalyse, Polymere Oberflächen POLO® und Reinigungs- technik, den Herausforderungen dieser neuen Ansätze. Neue Impulse, die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe in den industriellen Maßstab zu übertragen, gibt auch das Fraun- hofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna, welches gemeinsam von den Fraunhofer-Instituten für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB und für Chemi- sche Technologie ICT, Pfinztal, errichtet und betrieben wird.