Lignin in der anaeroben Vergärung Landwirtschaftliche Biogasanlagen werden neben Gülle vor allem mit nachwachsenden Rohstoffen (NaWaRo), sogenann- ten Energiepflanzen, betrieben. Vor diesem Hintergrund ziel- ten Züchtungsversuche in jüngster Zeit auf eine Erhöhung der Hektarerträge ab. Höhere Erträge, die scheinbar einen höheren Biogasertrag pro Anbaufläche versprechen, werden jedoch meist mit einem erhöhten Anteil an Lignin, der Struk- tur- und Stützsubstanz der Pflanzen, bezahlt. Lignin wird allerdings in Biogasanlagen nicht durch die anaerobe Bak- terienmischkultur verstoffwechselt, so dass der Zuwachs an Biomasse nur zu einem Teil zu Biogas umgesetzt werden kann [1]. Der Rest (Lignin) führt zu einer Erhöhung der Gärrückstän- de und muss in der Regel entsorgt werden. Die Gesamteffizi- enz und die wirtschaftliche Attraktivität des anaeroben Ver- gärungsprozesses zur Gewinnung von Methan können durch eine Vorbehandlung der Substrate sowie eine stoffliche Pro- duktverwertung erheblich verbessert werden. Projektziele Ziel des vorgestellten Projekts ist eine vollständige Verwer- tung der für NaWaRo-Anlagen typischen Substrate durch eine integrierte energetisch-stoffliche Nutzung. Kohlenhyd- rate, Fette und Proteine werden zu Biogas vergoren und das nicht vergärbare Lignin wird abgetrennt und stofflich verwer- tet. Zudem soll Methan mittels Membranreaktoren in Ge- genwart von Kohlenstoffdioxid oxidativ zu C1-Oxygenaten (Formaldehyd und Methanol) umgesetzt werden. Diese Ver- bindungen können entweder stofflich zur Synthese von Che- mierohstoffen oder zur Verbesserung der Transport- und Speichereigenschaften des gasförmigen Methans (Projekt- partner LIKAT) verwertet werden. Damit werden wichtige Grundlagen für ein integratives Konzept im Sinne einer Kaska- dennutzung geschaffen und die internationale Wettbewerbs- fähigkeit deutscher Technologieanbieter gestärkt. Stand der Technik In methanogenen Mischkulturen wird organische Materie in mehreren Reaktionsschritten zu Methan umgesetzt. Makro- moleküle wie Kohlenhydrate, Fette und Proteine werden dabei zunächst hydrolysiert, bevor sie zu organischen Säuren, Alko- holen (acidogene Bakterien), Essigsäure (acetogene Bakterien) und schließlich zu Methan und CO2 (methanogene Bakterien) umgesetzt werden [2]. Nach bisherigen Erfahrungen mit der Ligninabtrennung aus Pflanzenmaterial ist damit zu rechnen, dass durch den Auf- schluss und die Ligninabtrennung die Lignocellulosestruktur aufgeweitet wird. Dies sollte zu einer besseren Substratverfüg- barkeit frei zugänglicher Kohlenhydrate in Form von Cellulose, zur Verringerung des Anteils schlecht hydrolysierbarer Verbin- dungen und dadurch zu höheren Umsatzraten im Gärprozess führen. Die Substratproben wurden daher zunächst im Labor- maßstab und momentan im Technikumsmaßstab in einem methanogenen Abbauprozess mit hoher Raumbelastung in ideal durchmischten Reaktoren untersucht. Ergebnisse des anaeroben Abbaus Die Substrate Grünroggen-, Mais- und Sorghumsilage wurden jeweils unzerkleinert, zerkleinert und nach Ligninextraktion 118 STOFFLICH-ENERGETISCHE VOLLVERWERTUNG VON KULTURPFLANZEN: OHNE LIGNIN ZU MEHR BIOGAS? Dr. rer. nat. Yasemin Sterr, Prof. Dr. rer. nat. Dieter Bryniok ENERGIE 1 2 unzerkleinerte Substrate zerkleinerte Substrate Substrate nach Ligninextraktion SorghumsilageMaissilageGrünroggen- silage