62 1 MEDIZIN ANTIBAKTERIELLE KNOCHENIMPLANTATE ZUR VERMEIDUNG LOKALER INFEKTIONEN Dr. rer. nat. Iris Trick, Prof. Dr. Christophe Drouet* Vorbeugung von Knocheninfektionen In Krankenhäusern erworbene Knocheninfektionen, beispiels- weise infolge von chirurgischen Eingriffen, sind kostspielig und ein ernstzunehmendes Problem. Aus diesem Grund ist die Vorbeugung solcher Knocheninfektionen von höchster Priorität. Calciumphosphat (CaP)-Apatite sind als Biomaterial für die Wiederherstellung von Knochen gut geeignet. Doch obwohl CaP-Verbindungen in den letzten Jahren Gegenstand intensiver Erforschung und Entwicklung auch seitens der In- dustrie waren, existieren bis heute keine technologischen Kon- zepte, um CaP-Apatite mit antibakteriellen Eigenschaften zu versehen. Da der Einsatz von Antibiotika aufgrund der Ausbil- dung bakterieller Resistenzen problematisch ist, müssen andere Strategien gefunden, verglichen und weiterentwickelt werden. Deutsch-französische Forschungskooperation Im binationalen Projekt BioCapabili arbeiten das Fraunhofer IGB und das französische Carnot-Institut CIRIMAT zusammen, um bioaktive, biomimetische CaP-Apatite mit verschiedenen antimikrobiellen Verbindungen auszurüsten und umfassend zu untersuchen. Antibiotika wurden nicht verwendet. CaP- Apatite wurden in der Gruppe »Phosphates, Pharmacotech- nics and Biomaterials« des CIRIMAT hergestellt, mit dem Fo- kus auf Synthese, Charakterisierung und Oberflächenaktivität. Alternative Oberflächenmodifikationen sowie die biologische Charakterisierung der modifizierten CaP-Apatite erfolgten am Fraunhofer IGB. Vorgehensweise In der Apatitstruktur kristallisierte Calciumphosphate sind analog aufgebaut wie das mineralische Knochenmaterial. Für die Herstellung neuer Formulierungen nanokristalliner biomimetischer Apatite mit antibakteriellen Eigenschaften ha- ben wir zum einen die Zusammensetzung der Apatite modi- fiziert. Ein zweiter Ansatz war, die Oberfläche nanoskaliger CaP-Apatite, deren Oberfläche eine hydratisierte Schicht be- sitzt, mit Wirkstoffen zu funktionalisieren. Mit verschiedenen Methoden wurde vorzugsweise die Oberfläche der Nanokris- talle (z. B. unter Verwendung einer Dialysemembran) oder die Gesamtheit der Kristalle modifiziert. Ebenso wurde die Adsorption von organischen oder organisch-anorganischen Verbindungen auf der Oberfläche der CaP-Kristalle unter- sucht. Die antibakteriellen Eigenschaften wurden jeweils für unterschiedliche pathogene Organismen und mit unterschied- lichen Prüfbedingungen nachgewiesen. Verglichen wurde die Konzentrationsabhängigkeit der antibakteriellen Wirkung hin- sichtlich Zytotoxizität und antibakterieller Eigenschaften. Die besten Formulierungen wurden anschließend in vivo auf Os- teokonduktion geprüft. Ergebnisse Mehrere neue Formulierungen von chemisch modifizierten na- nokristallinen Apatiten (mit oder ohne Oberflächenmodifikati- onen) wurden synthetisiert und vollständig charakterisiert. Die Bedingungen, mit denen wir einphasige Apatit-Systeme erhiel- ten, wurden beibehalten und entsprechend auf antibakterielle Eigenschaften und Zytotoxizität getestet. Als Referenz dienten nicht dotierte Systeme. Die erhaltenen Apatit-Nanokristalle zeigten eine hohe Oberflächenaktivität, vor allem durch die hydratisierte Schicht auf ihrer Oberfläche. Der Einfluss der Syntheseparameter, insbesondere die pro Formulierung einge- setzte Menge an antibakteriellem Wirkstoff, und der Nachbe- handlungen wurde gründlich untersucht, vor allem im Hinblick auf zukünftige Einsatzgebiete. 32