9 4 Herausforderung Herstellung zellkompatibler 3D-Objekte Die Elektrofotografie hat sich zu einer der führenden digita- len Technologien im Grafikdruck entwickelt. Das Verfahren, das ebenfalls mit den Begriffen Xerografie und Laserdruck bezeichnet wird, bietet die Möglichkeit, verschiedenfarbige Tonerpartikel mit hoher Auflösung anzuordnen und so ein Pa- piersubstrat individuell zu gestalten. Allerdings beschränkt sich das Druckverfahren zurzeit weitgehend auf eine zweidimen- sionale (2D) Anwendung, obwohl der hohe Feststoffgehalt von Tonerpartikeln eine gute Voraussetzung für den schnellen Aufbau dreidimensionaler (3D) Objekte darstellt. Erste kom- merzielle 3D-Laserdruckanwendungen zielen auf die Ferti- gung einfacher Formteile. Der schichtweise 3D-Laserdruck von zytokompatiblen Objekten wie künstlichen Adern oder ande- ren tubulären Strukturen stellt jedoch eine besondere Heraus- forderung dar. Fixierung durch chemische Reaktion der Tonerpartikel Am Fraunhofer IGB und am Institut für Grenzflächenverfah- renstechnik und Plasmatechnologie IGVP der Universität Stutt- gart wird ein neues Verfahren untersucht, bei dem die Ver- wendung unterschiedlicher Tonerkomponenten gewährleistet, dass die räumliche Anordnung auch komplexer Strukturen er- halten bleibt. Hierzu wird die Struktur zunächst als dreidimen- sionaler Block schichtweise gedruckt. Nach jedem Partikel- auftrag erfolgt anstelle der konventionellen Schmelzfixierung eine chemische Reaktion an den zu fixierenden Partikelober- flächen. Die Stabilität der 3D-Objekte beruht auf der Bildung von kovalenten Bindungen und erfordert kein vollständiges Aufschmelzen der einzelnen Partikel. Die komplexe Objekt- geometrie wird durch Stützmaterial erzeugt, das aus einer nicht vernetzbaren Tonerkomponente besteht und nach dem Druck selektiv entfernt werden kann (Abb. 1). Danach wird die Stabilität poröser oder tubulärer Strukturen, die als Trägerma- terialien beispielsweise im Tissue Engineering erforderlich sind, durch die Gegenwart eines stabilen Matrixmaterials sicherge- stellt. Optimierte Glasübergangstemperatur und Partikelgröße Laserdrucker funktionieren gerätebedingt sehr gut mit Parti- keln in einem Größenbereich zwischen 3 µm und 30 µm so- wie mit Polymeren mit Erweichungstemperaturen unterhalb von 110 °C. Tonerpartikel, die sich für eine Anwendung als Biomaterial eignen, stellen wir aus Polymethylmethacrylaten (PMMA) her. Durch die Wahl der Comonomer-Zusammenset- zung kann die Glasübergangstemperatur der amorphen Poly methylmethacrylate über einen großen Temperaturbereich zwischen –48 °C und 110 °C variiert werden. Geringe Reakti- onstemperaturen von 20 °C führen innerhalb von 24 Stunden zu sphärischen Polymethylmethacrylatpartikeln (Abb. 2), die eine vergleichsweise geringe Glasübergangstemperatur von ca. 40 °C aufweisen. Der kontrollierbare Glaspunkt ermöglicht es, die Sintertemperatur so zu optimieren, dass eine hohe An- zahl an kovalenten Bindungen während der dreidimensionalen Fixierung der Polymerpartikel erreicht werden kann. Die ko- valenten Bindungen zwischen den Polymerketten verhindern den Aufbau einer Solvathülle, während die nicht-vernetzten Polymerpartikel selektiv aufgelöst werden können. Diese eig- nen sich daher als entfernbares Stützmaterial von porösen und tubulären Strukturen im 3D-Druck. Die gewünschte Partikel- größe kann zwischen 3 μm und 30 μm durch eine UV-initiier- te Suspensionspolymerisation sehr genau eingestellt werden. LASERDRUCK-POLYMERPARTIKEL FÜR BIOMATERIALANWENDUNGEN Dr. rer. nat. Achim Weber CHEMIE 21 50 μm 2 μm Matrix entfernbarer Stütztoner (Bio)funktion