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2013|14 Jahresbericht Fraunhofer IGB

76 ELEKTRONEN-SPIN-RESONANZ (ESR) ZUR MESSUNG VON RADIKALEN IN BESTRAHLTEN LEBENSMITTELN UND MEDIZINPRODUKTEN Dr. rer. nat. Michael Haupt Sterilisierung mit Gammastrahlen Zur Konservierung von Lebensmitteln oder zur Sterilisierung wärmeempfindlicher Pharmaprodukte wird zunehmend die Gamma-Sterilisierung eingesetzt. Für Arzneimittel und Me- dizinprodukte empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) diese Sterilisation, bei der Produkte mit hochenergetischen Gammastrahlen von ei- ner Cobalt-60-Strahlquelle bestrahlt werden, ausdrücklich (Abb. 1). Als Folge der Bestrahlung werden die Genome von Keimen und krankheitserregenden Mikroorganismen zerstört und die Organismen abgetötet, so dass sich die Haltbarkeit der Produkte erheblich verlängert. Im Vergleich zur Sterilisati- on mit Ethylenoxid oder Dampfsterilisation erfolgt die Behand- lung sehr schonend. Ein weiterer Vorteil der Behandlung mit Gammastrahlen ist, dass Produkte in ihrer Verpackung – ohne nennenswerte Temperaturerhöhung oder den Einsatz von Chemikalien – sterilisiert bzw. entkeimt werden können. Nachteil: Radikale entstehen Durch die Bestrahlung werden jedoch auch chemische Bin- dungen in den Produkten selbst aufgebrochen, so dass freie Radikale entstehen. Radikale sind Atome mit einem unge- paarten Elektron und hochreaktiv, sodass sie unkontrolliert mit ihrer Umgebung reagieren können. In der Folge ent- stehen gegebenenfalls neue, teilweise toxische Verbindun- gen, die später in der Anwendung des Produkts, z. B. eines Medikaments, unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen könnten. Neueste Forschungsergebnisse am Fraunhofer IGB zeigen, dass die durch die Gamma-Sterilisation erzeugten Ra- dikale extrem stabil sein können. Abb. 2 zeigt die mit der Zeit abklingende Radikalmenge in einem gamma-bestrahlten An- tibiotikum. Selbst mehrere Stunden nach der Exposition des Produkts mit Gammastrahlen ist der größte Teil der Radikale noch nachweisbar. Laufende Messungen zeigen zudem, dass auch nach Wochen die Radikalmenge nicht mehr signifikant abklingt. Die Kenntnis darüber, ob und wie viele Radikale durch den Sterilisationsprozess erzeugt werden, ermöglicht es, Grenzwerte für toxische Verbindungen zu unterschreiten. Messprinzip der Elektronenspin-Resonanz- Spektroskopie Am Fraunhofer IGB setzen wir die ESR-Spektroskopie bereits seit längerer Zeit für den Nachweis von Radikalen ein, bei- spielsweise um die Abklingkurven der Radikaldichte an Mate- rialoberflächen nach einer Plasmabehandlung zu detektieren. Aufgrund von ungepaarten Elektronen weisen Radikale ei- nen quantenmechanischen Spin auf, der wiederum mit einem magnetischen Moment verbunden ist. Dies macht sich die Elektronen-Spin-Resonanz-Spektroskopie (ESR-Spektroskopie) zunutze: Durch Anlegen eines gerichteten Magnetfeldes an eine Probe, die Radikale enthält, werden die Energieniveaus von ungepaarten Elektronen aufgespalten (Zeeman-Effekt). Wird die Probe einer Mikrowellenstrahlung ausgesetzt, deren Quantenenergie der Zeeman-Aufspaltung entspricht, tritt eine resonante Absorption auf. Durch empfindliche Mikrowellen- Absorptionsmessungen können die Spinanzahl, die Radikal­ anzahl und auch die Art des Radikals bestimmt werden. 1 MEDIZIN

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