Verstärkte Nachfrage nach Biokosmetika Konsumenten betrachten petrochemisch hergestellte Inhalts- stoffe in Kosmetikartikeln zunehmend kritisch und fragen vermehrt nach Natur- bzw. Biokosmetika. Die Produktpalette und die Vielfalt der Naturprodukte sind durch einen Mangel an biozertifizierten Inhaltsstoffen allerdings begrenzt. Zudem stellt ihre Herstellung noch eine technische Herausforderung dar und ist somit sehr teuer. Die Kosmetikindustrie ist daher bestrebt, den steigenden Anforderungen der Verbraucher in Bezug auf die Unbedenklichkeit der eingesetzten Rohstoffe auf Umwelt und Gesundheit gerecht zu werden und fossile durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen. Zertifizierbarer Herstellungsprozess vom Anbau der Rohstoffe bis hin zum biobasierten Produkt Dieser Herausforderung stellt sich das Konsortium des von der EU geförderten Projekts »O4S – Sustainable surfactant pro- duction from renewable resources through natural fermentati- on for applications in natural, organically-certified products«. Das Projekt O4S erarbeitet eine vollständig zertifizierbare Pro- zesskette, mit der nachwachsende Rohstoffe aus ökologisch kontrolliertem Anbau mittels umweltfreundlicher Verfahren für die Herstellung von biobasierten Emulgatoren und Bioten- siden gewonnen werden können, um diese in biozertifizierten Kosmetika einzusetzen. Projektziele sind dabei unter anderem die Identifizierung ökologisch zertifizierter kostengünstiger Substrate wie Zucker und Öle sowie die Entwicklung eines zertifizierbaren Herstellungsprozesses für Biotenside. Die Sub- strate sollen dabei aus Reststoffen der ökologischen Landwirt- schaft und Nebenprodukten der Lebensmittelproduktion ge- wonnen werden. Biotenside – Alternative zu chemisch synthetisierten Tensiden Tenside und Emulgatoren finden sich nicht nur in Reinigungs- und Waschmitteln, sondern auch in Kosmetika. Shampoos, Duschgele und Badezusätze bestehen bis zu 40 Prozent aus Tensiden, welche die Oberflächenspannung von Wasser her- absetzen. Ein Großteil der derzeit eingesetzten Tenside wird auf chemischem Weg synthetisiert. Zwar kommen als Rohstof- fe neben Erdöl mittlerweile auch zunehmend Öle aus nach- wachsenden Rohstoffen zum Einsatz. Doch die in der Regel verwendeten Kokos- oder Palmkernöle werden als ökologisch bedenklich eingestuft. Eine Alternative stellen Biotenside dar. Dies sind waschaktive Stoffe, die von Mikroorganismen herge- stellt werden. Derzeit werden nur wenige dieser Biotenside in- dustriell produziert, da ihre Herstellung noch vergleichsweise kostenintensiv ist. Damit Biotenside auch für die Naturkosme- tik lukrativ werden, entwickelt das Fraunhofer IGB im Projekt O4S einen nachhaltigen, kostensenkenden und zertifizierba- ren Herstellungsprozess, der die biotechnologische Fermenta- tion und die Aufreinigung der Biotensidprodukte umfasst. Herstellung von biozertifizierten Biotensiden Um Biotenside als 100 Prozent kontrolliert »biologisch« bzw. »ökologisch« (englisch: organic) ausweisen zu können, muss die gesamte Produktionskette evaluiert und zertifiziert wer- den. Dies beginnt mit der Auswahl der Rohstoffe, deren Eignung als Quelle für einen zertifizierbaren Fermentations- prozess anhand der standardisierten Vorschriften des inter- nationalen Bio- und Naturkosmetikverbands Natrue geprüft wird. So haben wir zunächst die Verfügbarkeit von Reststof- fen wie Getreidespelzen und Olivenölresten sowie die jeweils 10 6 HERSTELLUNG BIOZERTIFIZIERTER KOSMETIKA AUS NACHWACHSENDEN ROHSTOFFEN Dr. rer. nat. Ana Lucía Vásquez Caicedo, Dr.-Ing Susanne Zibek, Priv.-Doz. Dr. Steffen Rupp, Dipl.-Ing. Siegfried Egner CHEMIE 1 2